Warum wir an der Universalität der westlichen Werte festhalten sollten

AuthorChristoph Conrad Henke
Pages118-129
118 JURIDICA INTERNATIONAL 21/2014
Christoph Conrad Henke
Dr. jur., LL.M.
Warum wir an der Universalität
der westlichen Werte
festhalten sollten
1. Ausgangssituation*1
Die westlichen Werte lassen sich – soweit sie fundamentale Prinzipien der Gerechtigkeit betreffen – in vier
Kategorien untergliedern: Gewaltverbot, Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte. Der Westen hat
diese Werte weitgehend in geltendes Recht umgesetzt. Er erhebt in Bezug auf sie Anspruch auf Universa-
lität.*2 Der weltweiten Verbreitung der übrigen Ideale stehen jedoch Hindernisse entgegen, wie folgende
Beispiele aufzeigen:
Verschiedene Staaten und Autoren ziehen die Universalität der westlichen Werte in Zweifel. So argu-
mentiert die VR China, die Menschenrechte seien „nicht nur historisch ein Produkt der europäisch-ame-
rikanischen Kultur, sondern auch in Inhalt, Form und rechtlicher Ausgestaltung nur in diesen Kulturen
beheimatet, gegenüber den asiatischen Kulturen hingegen seien sie in wichtigen Hinsichten fremd und
unangemessen. Eben deshalb komme ihnen auch dort nur eine beschränkte Geltung zu, und die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte sei durch eine asiatische Variante, wie es ja auch schon eine europäische
gebe, zu ersetzen.”*3
Selbst in der deutschen Öffentlichkeit trifft die Anwendung rechtsstaatlicher Prinzipien gelegentlich
auf Unverständnis. Dies zeigt der Fall Gäfgen. Die Polizei hatte Gäfgen Folter für den Fall angedroht, dass
er den Aufenthaltsort des von ihm entführten Kindes nicht preisgebe. Daraufhin brachte Gäfgen die Polizei
zur Leiche des Kindes. Ein Strafgericht verurteilte Gäfgen wegen Mordes.*4 Die Zivilgerichte sprachen ihm
unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)*5
1 Der Beitrag entwickelt Überlegungen fort aus Henke, Christoph, Zur Finalität des Völkerrechts. Eine völkerrechtliche Agenda,
Münster u.a. 2012. Im dortigen Beitrag stehen konkrete völkerrechtliche Handlungsvorschläge im Vordergrund. Vorliegend
geht es um die Herleitung fundamentaler Gerechtigkeitsprinzipien. Zwangsläuf‌i g kommt es insbesondere in Ziff. 1 bis 5
dieses Beitrags zu inhaltlichen Überschneidungen.
2 Vgl. zum Begriff der Universalität Bielefeldt, Heiner, Menschenrechtlicher Universalismus ohne eurozentrische Verkürzung.
Zur Verständigung über die Universalität der Menschenrechte, in: Nooke, Günter/Lohmann, Georg/Wahlers, Gerhard,
Gelten Menschenrechte universal? Freiburg 2008, S. 98 ff.
3 Zitiert nach Lohmann, Georg, Zur Verständigung über die Universalität der Menschenrechte, in: Nooke, Günter/Lohmann,
Georg/Wahlers, Gerhard, Gelten Menschenrechte universal? Freiburg 2008, S. 47.
4 LG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.7.2003, 5/22 Ks 2/03 3490 Js 230118/02; BGH, Entscheidung vom 21.5.2004, 2 StR
35/04.
5 EGMR, Gäfgen v. Deutschland, Entscheidung vom 1.6.2010, Nr. 22978/05.
http://dx.doi.org/10.12697/JI.2014.21.10

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