Wissenschaft und Werturteil - Wissenschaft und Politik
Author | Lorenz Engi |
Pages | 25-33 |
ANCILLAIURIS(anci.ch)2009:25–Aufsatz 25
Zusammenfassung
ImmodernenVerständnissepariertsichWis
senschaftlichkeitvonsubjektiverWertung.Imbe
sonderenHinblickaufdieGeisteswissenschaften
unddieRechtswissenschaftstößtdiesesLeitbild
anGrenzen:alswertfreiesinddieseWissenschaf
tenallenfallsteilweisezubetreiben.DieIntentio
nenMaxWebers,denwissenschaftlichenDiskurs
vonstarkerpolitischerBeeinflussungfreizuhal
ten,behaltenfreilichihrenSinn.Ihnenistnicht
durchein–kaumrealisierbares–Postulatder
Wertfreiheit,sonderndurcheineGrenzziehung
derWissenschaftzurpolitischenEntscheidung
undRhetorikadäquaterAusdruckzugeben.Be
züglichdesVerhältnissesvonWissenschaftund
WertungzentralistmithindiefunktionaleDiffe
renz(beivielfacherfaktischerKooperation)zwi
schenwissenschaftlichemSachverstandund
politischerGestaltung.
*
I.Einleitung
WirtschaftlicheVerwerfungen,neueOp
tionenderBiotechnologie,UmweltundKli
magefahren–vieleaktuelleEntwicklungen
undVeränderungenrufennachwertender
EinordnungundVerarbeitung.DieFragen
nachdemrichtigenUmgangmitdenneuen
SituationenundMöglichkeitenwollen–und
müssen–beantwortetwerden.Voreiner
WeltderOptionenundderRisikenwerden
MaßstäbedesHandelnsbenötigt.Wirsuchen
Orientierung.
DiesesSuchenwendetsichauchandie
Wissenschaft.SiekommtalsKandidatinin
Betracht,dierichtigenWegezuweisen.Etwa
imHinblickaufdiephilosophischeDisziplin
derEthikmachtsichgegenwärtigeineent
sprechendeErwartungshaltungstarkbe
merkbar.DieseHaltungstehtindesinSpan
nungmiteinemSelbstverständnisder
modernenWissenschaftalsmöglichstwert
freierBetätigung.
DiemoderneWissenschaftorientiertsich
anderexperimentellenForschungsmethodik
derNaturwissenschaften.Demwissen
schaftlichenErgebniswirdindiesemPara
digmaeinvonderSubjektivitätderForscher
unabhängigerStatuszuerkannt–eser
scheintalsvonWertungenunbeeinflusst,
strengobjektiv.ImHinblickaufDisziplinen
wiediePhilosophieoderdieRechtswissen
schaftbegegnetdiesesLeitbildfreilicherheb
lichenSchwierigkeiten1.Besondersmit
Rücksichtaufdenangesprochenenaktuellen
Wertungsbedarfsollesdaherneubedacht
werden.DazusindzunächsteinigeGrund
bedingungenmodernerWissenschaftskiz
zenhaftzuvergegenwärtigen2.
II. BedingungenmodernerWissenschaft
A.ModerneWissenschaftalswertfreieWis
senschaft
DiemoderneWissenschaftlichkeit,wie
sienamentlichvonGalileiundBaconbe
gründetwurde,istinersterLinieNaturwis
senschaftlichkeit.SieorientiertsichamLeit
bildderÜberprüfbarkeitwissenschaftlicher
1DiebesondereBerücksichtigungdieserbeiden
Fachbereicheergibtsichausdemindividuellen
HintergrunddesAutors.Natürlichwäreetwa
auchimHinblickaufdieTheologieähnlichesfest
zustellen.BezüglichderPhilosophieistderWis
senschaftsbegriffproblematisch,washieraber
nichteigenserörtertwerdenkann.
2Bei„Wissenschaft“istimFolgendenaneine
(primär)universitärorganisierteWissenschaft
gedacht,nichtaberetwaandieprivatwirtschaftli
cheForschung.
WissenschaftundWert u rt ei l–Wis senschaf tundPolitik
LorenzEngi*
*Dr.iur.,M.A
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