Warum nach den Medien des Rechts fragen? ? Überlegungen angesichts des Erscheinens von Thomas Vestings ?Die Medien des Rechts', ?Sprache' und ?Schrift'
Author | Karl-Heinz Ladeur |
Pages | 105-110 |
ANCILLAIURIS(anci.ch)2012:105–Comment 105
I. PhänomenologiealsWegbereiterineinerTheoriedesSubjektsalseines„medialen
Wes en s“ ?
NachFerdinandFellmann1erlaubtdiePhänomenologieeineLesartder„Lebenswelt“–
imUnterschiedzueinerObjektWelt–,diedempraktischen„Kennen“denVorrangvordem
ErKenneneinräumt.DamiteröffnetsieeinenHorizont,vordemeineSelbständerungdes
Denkensdenkbarwird,dienichtmehraufden„RhythmusderBegriffe“alsTrägerdes
Weltsinnsverweist–wiebeiHegel2–,sondernaufWissenssoziologiealseineLehrevonden
VeränderungendesDenkensdurcheinePraxis.DiePhänomenologieöffnetsichdannzu
einer„kulturwissenschaftlichenAnthropologie“3undzueinerSoziologiederDenkformen.
ManwürdedannüberdieSuchenachdenanderMathematikorientiertensyntaktischen
FormenderAnschauunghinausgehenunddasBewusstseineheralseinNetzwerkvonVer
weisungenbegreifen4,dasSinnnichtmehrvoneinemzentralenPunktderSelbstbeobach
tungdesSubjektsauserzeugt,sondernalseinemergentesProdukteinerazentrischen
Selbstorganisation,dieauchdieverfolgtenZieleundKriterienderBeobachtungselbstauf
derGrundlagederBeobachtungdersichselbsterzeugendenundstabilisierendenMusterbil
dunggewinntunderprobt.5
DerMenschkönntedannalseine„medialesWesen“konstruiertwerden6,dasdurch
seineLebensformen,durchDifferenzierungundGliederungeinesazentrischenheterar
chischverfasstenProzessespermanenterUmbesetzungenimGewebederVerweisungen
seineWeltineinerWeisezurErscheinungbringt7,dienichtmehrals„Erkenntnis“einer
ObjektweltinAnschlaggebrachtwerdenkönnte,sondernalseinProzess,derinderVer
schleifungvonHerstellungundDarstellungSein(undWirklichkeit)undWahrheitaufein
anderbezieht.
DemBewusstseinließesichdanndieEigenschaftalsMediumderartzuschreiben,dasses
Sinnazentrisch,ohneeinehierarchischeKontrollevoneinemidealenBeobachtungspunkt
ausproduziert–wasnichtheißt,dassdiesunkontrollierterfolgenkönnte.DieseSichtweise,
1F.Fellmann,Phänomenologie.ZurEinführung,Hamburg2006,27.
2 G.W.F.Hegel,PhänomenologiedesGeistes,GesammelteWerke, Bd.9,hg.v. Bonsiepen/Heede,Hamburg
1980,44(Vorrede).
3Vgl.dieBeiträgeinF.Jäger/J.Straub,Wa sistderMensch?Annäherungenaneinekulturwissenschaftliche
Anthropologie,Bielefeld2005.
4 Fellmann,aaO,41.
5Vgl.dazuallg.H.Atlan,Entrelecristaletlafumée,Par is1979.
6 Fellmann,SelbstbildalsFiktion.ZurmedialenTheoriederSubjektivität,in:C.Bermesetal.(Hrsg.),Die
StellungdesMenscheninderKultur,Würzburg2002,21ff.;ders.,aaO,153ff.
7 Fellmann,aaO,103,139,153ff.
War um nachdenMediendesRechtsfragen?–
ÜberlegungenangesichtsdesErscheinensvonThomasVestings„Die
MediendesRechts”,„Sprache”und„Schrift”*
vonKarlHeinzLadeur
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*DiefolgendenÜberlegungensindkeineRezension,sieversucheneher,„voreinerRezension“dieBedeu
tungderFragestellungderBücherzuakzentuieren.DasPapieristaufeinemWo rks hop zudiesemThema
anderUniversitätFrankfurt/M.am7.7.2011präsentiertworden.
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