Soziale Werte in der soziologischen und kriminologischen Forschung: Überlegungen zum Begriff und Operationalisierung

AuthorOlga Siegmunt
Pages22-31
22 JURIDICA INTERNATIONAL 25/2017
Olga Siegmunt
Associate Professor
Siberian Federal University, Krasnoyarsk
Soziale Werte
in der soziologischen und
kriminologischen Forschung:
Überlegungen zum Begriff und
Operationalisierung
1. Einführung
Soziale Werte sind Bestandteil einer Vielzahl von theoretischen Ansätzen. Soziale Werte werden im All-
gemeinen als Orientierungsleitlinien def‌i niert, sie sind persönlich und intern, und sie halten die sozialen
Gruppen zusammen. Soziale Werte werden von Wertorientierungen, sozialen Normen und Einstellungen
unterschieden. Eine Reihe soziologischer und kriminologischer Studien untersuchen die Struktur der sozi-
alen Werte und ihre Bedeutung für abweichendes Verhalten.
Viele theoretische Ansätze und Studien werden in diesem Aufsatz diskutiert. Die Werte und ihre Funk-
tionalität werden unterschiedlich def‌i niert in Abhängigkeit davon, ob sie auf der Makro- oder Mikroebene
angesiedelt sind. Neben der Frage der Def‌i nition der sozialen Werte wird hier die Antwort auf die zentrale
Frage gesucht – wie werden die sozialen Werte operationalisiert? Die Institutionelle Anomietheorie wird
hier als Beispiel einer kriminologischen Theorie dargestellt, die beide gesellschaftliche Ebenen verbindet
und ein hohes Erklärungspotenzial des menschlichen Handelns den sozialen Werten zumisst.
2. Zum Wertbegriff
In seiner Anomietheorie*1 spricht Durkheim von einem Wertekonzept, das eine doppelte gesellschaftliche
Funktion annimmt: Zum Einen regeln die Werte das menschliche Handeln, zum Anderen halten sie die
Gesellschaft zusammen bzw. stärken das Kollektivbewusstsein der Gesellschaftsmitglieder.
Max Weber betont die Funktionalität der Werte in der Anleitung des menschlichen Handelns und im
Zusammenhalt der Gesellschaft. Zum Wertebereich gehört die Idee der „Nation“, die für gewisse Menschen-
gruppen spezif‌i sch ist und auf dem Solidaritätsempf‌i nden gegenüber anderen Personen ruht. Obwohl das
Durkheim, E. (). Über soziale Arbeitsteilung: Studie über die Organisation höherer Gesellschaften. Frankfurt a/M.:
Suhrkamp.
https://doi.org/10.12697/JI.2017.25.03

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